Am 2. August 2014 war es wieder so weit- der traditionelle Sommerausflug unserer Selbsthilfegruppe, diesmal zu besonders schönen und geschichtsträchtigen Orten im Spessart.
Wir starteten früh mit einem vollbesetzten Bus mit einem zuvorkommenden Fahrer und voll mit erwartungsvollen Gruppenmitgliedern. Nach einer wohlorganisierten und reibungslosen Fahrt kamen wir in Lohr am Main, unserer ersten Station, an. Aus vielen möglichen Attraktionen hatte unsere engagierte Gruppenleiterin Margit Gamberoni eine Führung im Spessartmuseum im Schloss ausgewählt. Schon im Eingangsbereich schlug jedes (zumindest das etwas ältere) Herz höher –angesichts eines Dorfladens mit Bonbons im Glas, Maggiflaschen und uralten Tante-Emma-Schätzen. Nostalgisch schön! Wie für die anderen Orte: wir hätte noch viel Zeit dort verbringen können, ohne dass es langweilig geworden wäre.
Neben einer bunten Zeitreise in die Geschichte von Holz-, Ton- und Glasarbeitern, Räubern und Schiffsbauern, erfuhren wir in diesem Museum auf humorvolle Weise, dass Schneewittchen zweifelsohne eine waschechte Lohrerin gewesen sein muss, denn: in Lohr gab es nicht nur eine Familie mit einer dem Märchen entsprechenden Familienform, sondern auch kleinwüchsige (da mangelernährte) Bergarbeiter sowie Spiegelmacher, die (wenngleich auch nur in Schriftform) sprechende (und beim Adel sehr gefragte) Spiegel erschufen. Nur wer dann der glückliche Prinz war, blieb unserer Phantasie überlassen…
Während der ganzen Fahrt blieb bei mir neben Ehrfurcht und Freude über so viel menschliches Wirken, ein beklommenes Gefühl über die Auswirkungen von Armut und Reichtum in direkter Nachbarschaft. So finden wir –neben den sich wirklich um ihr Volk sorgenden Adelingen- verwöhnte Herren, die sich Ihren Lebenswandel auf Kosten ihrer Untertanen einrichteten. Es war tatsächlich die Rede von Treibjagten, bei denen Untergebene während der Erntezeit zur Verfügung stehen mussten- damit sich hohe und wohlgenährte Herren keine kalten oder schmutzigen Füße holten… Ein Ergebnis dieser Verhältnisse war dann auch, dass sich von Stadt und Wohlstand ausgeschlossene Gruppen ihren Lebensunterhalt durch organisierte Raubzüge zu sichern suchten.
Nach einem leckeren und in der Gemeinschaft sehr schönen Mittagessen stand die Besichtigung des 600 Jahre alten Wasserschlosses in Mespelbrunn an. Ein Teil seiner Bekanntheit ergibt sich aus einer Karriere beim Film- hier wurde das „Wirtshaus im Spessart“ mit Lilo Pulver gedreht. Das Schloss befindet sich nach wie vor im Besitz von (inzwischen nur noch) einem Familienmitglied und finanziert sich u.a. durch die Führung von Besuchern durch die Gemächer. So wie bei den anderen von Frau Gamberoni liebevoll und aufwändig geplanten Besichtigungen hatten wir einen hoch engagierten Fremdenführer, der es verstand, gute Bildung mit viel Spannung und Freude zu verbinden. Danke!
Auf einer weiteren Station durften wir zur inneren Einkehr kommen: wir besichtigten in Bürgstadt die Martinskapelle. Diese imponiert durch die umfangreiche Verzierung mit Bibelmotiven, deren genaue Betrachtung alleine schon viele Stunden füllen kann. An diesem beindruckenden Ort hielt „unser“ Seelsorger Albin Zeck eine berührende Andacht für uns, in der er besonders auf unsere Situation als Hörgeschädigte in einer Selbsthilfegruppe einging . Immer wieder klasse: sein Sohn begleitete unseren Gesang –relativ frei und ohne Noten (!)- an der Orgel. Wie jedes Jahr unsere begeisterte Rückmeldung: Lieber Martin, bitte nächstes Jahr wieder J!!!.
Letzte kultur- und bildungsträchtige Station: Miltenberg mit einer informativen Führung durch eine wunderbare alte Stadt mit einer wunderbaren Fremdenführerin, die uns hoch engagiert „Ihr“ Miltenberg zu Herzen brachte.
Vieles von einer sehr bewegenden Fahrt muss hier ungeschrieben bleiben- zu jeder Station, die ich Euch alle wärmstens empfehlen kann- findet Ihr viel Info über Internet und Tourismus-Einrichtungen.
Einen schönen -und sättigendenJ Ausklang fanden wir beim gemeinsamen Abendessen und der späteren der Bus-Heimfahrt, bei der wir den Tag im Gespräch oder im Stillen nochmal an uns vorüber ziehen ließen.
Wie jedes Jahr: ein rundum gelungener Ausflug in einer wunderbaren Gemeinschaft. Für beides bedanke ich mich von ganzem Herzen!
Uli